29 Mai

Anregungen zur Frage des “Gottesbilds”

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Bei einem erstaunlich großen Anteil von christlichen Seelsorge-Fällen hat die Frage des “Gottesbilds” einen großen Einfluss auf ihre desolate Verfassung und führt tendenziell zu Desillusionierung bzw. zum Abwenden vom Glauben.

Diese Glaubens-Geschwister fühlen sich – trotz Gotteskindschaft – wie in einem gnadenlosen “EscapeRoom”-Spiel, in der es (statt Reden des Heiligen Geistes) Umstände und kryptische Hinweise zu deuten gibt, damit man sein Leben halbwegs unbeschadet leben kann. Das ist grundsätzlich nicht schwer aufzulösen, es ist aber eine große Not der Geschwister, die ihren Gott (aus gutem Grund) nicht mehr verstehen und einschätzen können.

Wie könnten ihnen dann wertvolle Liedverse wie der folgende eine Hilfe sein, wenn Zweifel an der unbedingten Liebe ihres himmlischen Vaters – bzw. Seinen Wegen mit ihnen – genährt werden:

Der dich mit der Liebe Seilen führt und zieht,

meinst du, dass Er dich bisweilen übersieht?

Nein, auch auf den dunklen Wegen ist Er tröstend stets zugegen;

größer ist Sein Vaterherz als Dein Schmerz.

(Geistliche Lieder, Lied 176 Strophe 2)

Da diese Not eine eher lehrmäßige als seelische Ursache hat, möchten wir mithilfe einiger Bibelstellen Ratschläge geben, wie man sich in dem Gewirr aktuell “trendender” Gottesbilder orientieren und resilient erhalten kann.

“Befleißige dich, dich selbst Gott als bewährt darzustellen, als einen Arbeiter, der sich nicht zu schämen hat, der das Wort der Wahrheit recht teilt.” (2.Timotheus 2:15)

Zunächst geht es nicht um irgendwelche “Hypes”, sondern um ein nüchternes, respektvolles Suchen Seiner – der einen – Wahrheit. Gottes Wesenszüge bieten dabei eine gute Orientierung, welche Stelle auf uns anzuwenden ist und welche eben nicht.

Unser Gottesbild soll uns u.a. Halt, Zuversicht und Dankbarkeit schenken – weshalb eine oft undifferenzierte Reise durch das Alte und Neue Testament nicht von Hilfe ist.

Die Herausforderung besteht darin, Gottes Wort recht zu teilen. Insbesondere beim seelsorgerlichen Trostspenden kann es sonst dazu kommen, dass Dein Rat – bei allen guten und anerkennenswerten Zielen – eine schädigende Wirkung hat, sobald sich der Betroffene unter Belastung darauf stützt:

“Nun, siehe, du vertraust auf jenen geknickten Rohrstab, […] der, wenn jemand sich auf ihn stützt, ihm in die Hand fährt und sie durchbohrt.” (2.Könige 18:21)

Wie können wir zuverlässigen Rat bieten und uns in der Vielzahl von Gottesbildern orientieren? Dazu möchten wir einige Ansätze nennen:

Beachte die Haushaltung

Israel wurde irdischer Segen verheißen, wir sind in Christus “gesegnet […] mit jeder geistlichen Segnung in den himmlischen Örtern” (Epheser 1:3-4). Wenn Dein Wirken also keinen irdischen Erfolg wie bei einem Joseph (1.Mose 39:2), David (1.Samuel 18:14) oder Hiskia (2.Könige 18:7) hat, so bedeutet das nicht zwangsläufig, dass der Herr nicht auch mit Dir ist.

Unterscheide deshalb zwischen Verheißungen, Drohungen und Aussprüchen vergangener Zeitalter, wenn sie keine globale Gültigkeit (z.B. “Gott ist Liebe”) haben. Stütze Dich nicht auf Verheißungen und fürchte keine Drohungen, die eindeutig nicht unsere Haushaltung betreffen.

Beachte die Adressaten

Ich möchte das mit einem Beispiel erklären. Bei einer Wanderung in den Schweizer Alpen ziehe ich festes Schuhwerk an, statt mich auf Psalm 91 zu berufen:

“Auf den Händen werden sie dich tragen, damit du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.” (Psalm 91:12)

Dieses überspitzte Beispiel soll zeigen, dass wir uns nicht den aus unserer Sicht “schönsten” Vers als Halt aussuchen sollen, wenn er nicht an uns adressiert ist – das ist auch eine Frage des Respekts gegenüber Gottes Wort. Nicht jede Zusage Gottes an eine biblische Person kann adäquat auf Dich übertragen werden.

Auf den ersten Blick mag das wie ein Verlust erscheinen, ist es aber nicht. Wenn wir das Wort Gottes recht teilen, haben wir beispielsweise den Freiraum, uns detailliert mit den uns betreffenden Segnungen und Verheißungen zu beschäftigen. Oder weißt Du auf Anhieb, was sich hinter dem gewaltigen “Geschenkeberg” der Zusage “jede geistliche Segnung” verbirgt – hast Du schon angefangen auszupacken?

Beachte Gottes Wesen

Thesen mancher Gottesbilder sind nicht mit Gottes Wesen vereinbar. Ein Seelsorge-Klient versuchte uns zu überzeugen, dass Christus sogar die Emmaus-Jünger (Lukas 24:28) täuschte. Gott ist aber Gerechtigkeit, Licht, Treue und Wahrheit, zudem wird doch Christus attestiert: “weil er kein Unrecht begangen hat und kein Trug in seinem Mund gewesen ist.” (Jesaja 53:9). Wie kann das aufgelöst werden?

Der erste Schritt ist, Gottes Wesen zu betrachten, ebenso die Erfordernis der Reinheit Christi als das vollkommene Opferlamm. Im zweiten Schritt empfehle ich gern Studienbibeln, die Übersetzungsvarianten anbieten, also beispielsweise “und er schickte sich an weiterzugehen” – was das Problem löst.

Sei also absolut überzeugt von Gottes gutem Wesen und prüfe Thesen, die nicht mit diesen vereinbar sind. Das ist keine Anmaßung, sondern genau das, was Paulus seinem Kind Timotheus riet:

“Du aber bleibe in dem, was du gelernt hast und wovon du völlig überzeugt bist, da du weißt, von wem du gelernt hast” (2.Timotheus 3:4)

Beachte Deinen Status

Im Kontext der Gottesbilder prüfe, ob die für Dich wesentliche Komponente “Vater” darin prägend ist. Nicht jeder war vielleicht mit so einem Elternhaus gesegnet wie ich, dennoch war “Vater” nicht eine von vielen Rollen meines Erzeugers mir gegenüber – sondern die einzige.

Wir können uns durchaus über die Unterschiede von Kindern, Söhnen und Vätern unterhalten, ebenso sollten wir Beziehungen als Jünger und Knechte Jesu Christi beachten. Unsere Beziehung als Kinder Gottes löst uns aber beispielsweise aus vielen Paradigmen vergangener Haushaltungen.

Sei nüchtern und wachsam

Wir leben in einer Zeit, die leider von Hypes und Trends geprägt immer unnüchterner wird. Selbst christliche Kanäle manipulieren durch reißerische Überschriften und Thumbnails (“Clickbaits”) um möglichst viele Views und Likes (und dadurch Umsätze) zu generieren.

Sei deswegen nüchtern und lass Dir bei allem – auch bei den soeben von uns geschriebenen Inhalten – das Vorgehen der Beröer zum Vorbild sein:

“Diese aber waren edler als die in Thessalonich; sie nahmen das Wort mit aller Bereitwilligkeit auf, indem sie täglich die Schriften untersuchten, ob dies sich so verhielte.” (Apostelgeschichte 17:11)

Bedenke auch die folgenden Verse und danke Gott, dass Er Dir solch ein Vater ist:

“9 Oder welcher Mensch ist unter euch, der, wenn sein Sohn ihn um ein Brot bitten wird, ihm etwa einen Stein geben wird, 10 oder auch, wenn er um einen Fisch bitten wird, ihm etwa eine Schlange geben wird? 11 Wenn nun ihr, die ihr böse seid, euren Kindern gute Gaben zu geben wisst, wie viel mehr wird euer Vater, der in den Himmeln ist, denen Gutes geben, die ihn bitten!” (Lukas 13:9-11)

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